Reifung
Mit Ausnahme von Frischkäse ist eine tage-, wochen- oder monatelange oder gar jahrelange Reifung die Voraussetzung dafür, dass sich das sortentypische Aroma des Käses entwickeln kann – die Dauer dieses Prozesses unterscheidet sich von Käsesorte zu Käsesorte. Bei einigen Standard-Käsesorten ist eine bestimmte Reifezeit sogar gesetzlich festgelegt. „Reifung“ ist der Oberbegriff für biochemische Umwandlungsprozesse von den im Käse zurückgehaltenen Milchinhaltsstoffen wie Eiweiß, Restzucker (Laktose) und Fett. Während der Reifung wird auch der restliche Milchzucker von Milchsäurebakterien vollständig zu Milchsäure.
Das unter anderem durch die Reifungskulturen entstehende Kohlendioxid (CO2) kann aus Käseteig und Rinde nicht entweichen und verursacht so die Entstehung von Hohlräumen – die (Gär-) Löcher im Käse. Die so genannte Gärlochung (z.B. bei Bergkäse) ist von der Schlitz-/Bruchlochung (z.B. bei Tilsiter) zu unterschieden – diese entsteht durch die Abfüllung des Bruches in Formen ohne Molke.
Für die Herstellung von Großlochkäsen wie beispielsweise Rösslerhof Emmentaler werden der Milch zusätzlich spezifische Bakterien (Propionsäurebakterien) zugegeben, die bei Temperaturen von 20 bis 24 Grad Celsius in den ersten Wochen der Reifung die Ausbildung der für diese Käsesorten typischen Löcher bewirken.
Naturrinden-Reifung
Die Käsereifung erfolgt in besonderen Räumen, in denen eine kontrolliert hohe Luftfeuchtigkeit von cirka 85 bis 95 Prozent und Temperaturen zwischen 8 und 24 Grad Celsius – je nach herzustellender Käsesorte – in herrschen.
Der Reifungsprozess verläuft bei den verschiedenen Käsesorten unterschiedlich. Alle Sauermilchkäse und Weichkäse reifen von außen nach innen – das heißt, je jünger diese Käse sind, umso ausgeprägter ist der weiße Kern im Inneren, der erst mit zunehmender Reifung verschwindet. Schnittkäse und Hartkäse reifen hingegen gleichmäßig durch die ganze Käsemasse. Zusätzlich werden die Laibe während der Reifung vielfach gewendet, bestrichen, gebürstet und/oder in speziellen Kräuterrezepturen gewälzt. Diese regelmäßige und sorgfältige Behandlung der Käse erfolgt mit Salzwasser, wodurch den äußeren Schichten Feuchtigkeit entzogen wird und infolgedessen die harte, trockene Käserinde entsteht.
Käse mit Rotkultur
Käse mit Rotkultur oder „Rotschmiere“ (z.B. bei Allgäuer Bergkäse g.U., Sechsender, Alpenländer Raclette) werden während der Reifung mit Salzwasser, das mit Rotkultur-Bakterien (Brevibakterium linens) angereichert ist, „geschmiert“, d.h. eingerieben bzw. gebürstet. Die Folge ist die Ausbildung einer „Schmierenrinde“, die den Käse sowohl vor Fremdkeimen schützt als auch für den arttypischen und bekannten kräftigen Geschmack und die orange-rot-braune Färbung verantwortlich ist.
Käse mit Edelschimmel
Bei Weiß- oder Blauschimmelkäsen wie Camembert, Edler Weisser (Rahmbrie) oder Roquefort Coulet AOP wurden der Milch vor dem Dicklegen spezielle Edelschimmelkulturen wie Penicillium caseicolum und/oder Penicillium camemberti und/oder Penicillium candidum (bei Weißschimmelkäsen) bzw. Penicillium roqueforti (bei Blauschimmelkäsen) zugegeben. Diese Kulturen entfalten während der Käsereifung ihre besonderen Aromastoffe und entwickeln hier ihr typisches Aussehen. Bei Camembert oder Brie wächst der weiße Edelschimmelrasen an der Oberfläche und gibt sein Aroma an den Käseteig ab. Zudem wird er oftmals auf die geformten Käse gesprüht.
Zur Ausbildung des Blauschimmels (P. roqueforti) bei Gorgonzola und Roquefort muss der Käse mit Nadeln durchstochen („pikiert“) werden, da dieser Edelschimmel nur unter Anwesenheit von Sauerstoff wachsen kann. Der sich entwickelnde Blauschimmel, dessen Farbskala von blau über blau-grün bis dunkelgrün reicht, wächst entlang der entstandenen „Stichkanäle“.
Folien-Reifung
Die regelmäßige, zum Schutz gegen unerwünschte Bakterien unbedingt notwendige Pflege der Käse ist mit relativ hohem zeitlichen und somit kostenintensiven Aufwand verbunden – darüber hinaus sind viele milde Schnittkäse-Sorten mit der klassischen Rotkultur-Naturrinden-Reifung nur schwer in dieser gewünschten Geschmacksnuance herzustellen. Ein Vorteil der Folien-Reifung (hier findet im Gegensatz zur oben beschriebenen Naturrinden-Reifung der Reifevorgang des Käses in einer Spezial-Folie, die so konzipiert ist, dass die entstehenden Reifegase entweichen, jedoch keine Sauerstoff eindringen kann, unter kontrollierten Bedingungen statt) ist auch der gegenüber der herkömmlich angewandten Methode deutlich geringere Gewichtsverlust des Käselaibes bzw. -stückes. Bei der konventionellen Käseherstellung wird die Käseoberfläche häufig mit Natamycin behandelt – dieser in der EG-Öko-Verordnung nicht zugelassene Zusatzstoff E 235 wirkt antibiotisch und verhindert so auf kostengünstige Weise unerwünschten Schimmelbefall (Natamycin ruft nachweislich Überempfindlichkeitsreaktionen hervor und kann überdies im menschlichen Organismus zu Resistenzbildungen führen).
Durch den Abschluss des Käses von Sauerstoff aus der Umgebung und der nicht erfolgenden Salzbehandlung reift der Käse somit, ohne eine Rinde zu bilden. Die Folien-Reifung ist mittlerweile bei Schnittkäsen wie Edamer oder Gouda ein relativ gebräuchliches Verfahren – aber auch Hartkäse wie Cheddar oder Emmentaler können auf diese Weise mit durchaus guten geschmacklichen Ergebnissen gereift werden. Die Folien-Reifung bietet eine gute Alternative, den Käse während der Reifung und des Transportes ohne den Einsatz jeglicher Zusatzstoffe vor Kontamination zu schützen.
Wenn Folien bei den Käsereien der Ökologischen Molkereien Allgäu zum Einsatz kommen, bestehen diese aus Polyethylen, sind frei von Phthalaten (Weichmachern) und so konzipiert, dass der Käse während der Reifung „ausatmen“ kann – d.h. das durch die Reifungskulturen entstehende Kohlendioxid kann entweichen.
Für den überwiegenden Teil ihres Sortiments verwenden unsere Käsereien jedoch weiterhin das Verfahren der Naturrinden-Reifung, da sich im Spezialitätenbereich die aufwändige Pflege geschmacklich und qualitativ deutlich niederschlägt und durch keine technologischen Verfahren zu ersetzen ist.
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